Stellungnahme des Verbandes der Schweizer Studierendenschaften (VSS-UNES-USU)zum Bundesgesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung

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Sehr geehrter Herr Bundesrat Parmelin
Sehr geehrte Herren Hügli und Lagger
Sehr geehrte Damen und Herren

Der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) bedankt sich für die Möglichkeit, dass
die Studierenden durch die Teilnahme an diesem Vernehmlassungsverfahren zum
Bundesgesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung Stellung
nehmen können.

Im Rahmen dieser Schwerpunktsetzung setzt sich der VSS seit mehreren Jahren stark für die
volle Wiederassoziierung der Schweiz an das Erasmus-Programm ein, um den Schweizer
Studierenden gleichberechtigten Zugang zur Mobilität zu ermöglichen. Wir betrachten Mobilität
nicht nur als gewinnbringend für die Berufschancen der teilnehmenden Individuen, sondern
insbesondere auch für die Stärkung der persönlichen und interkulturellen Kompetenzen,
welche für aktive, verantwortungsvolle Staatsbürgerinnen von grösster Bedeutung sind. Es profitieren
keineswegs nur die teilnehmenden Individuen, sondern auch die Schweizer Gesellschaft als Ganzes –
diese gewinnt an Attraktivität in den wirtschaftlich bedeutsamen Bereichen Bildung, Forschung und Innovation.
Darüber hinaus ist es für die Schweiz höchst relevant, sich mit ihren spezifischen Lösungen der politischen Partizipation,
direkten Demokratie und der Stärke ihrer Vereins- und Verbandslandschaft international zu positionieren.
Aufgrund dieser Überzeugung vertreten wir den Standpunkt, dass die Schweiz die notwendigen Investitionen,
wieder vollwertige Partnerin in den Erasmus-Programmen zu werden, dringend vornehmen muss und keine risikoreichen,
schmaleren Sonderlösungen verfolgen darf. Der gegenwärtig begangene Sonderweg riskiert nicht nur die Aufgabe
langjähriger Partnerschaften, sondern benachteiligt auch den Austausch ausserhalb des
Hochschulbereiches sowie in besonderem Masse Kooperationsprojekte gegenüber individuellem Austausch. Gerade die
Initiative «Europäische Universitäten» der Europäischen Union, die auch an das europäische Förderprogramm gebunden ist, bietet grosse Chancen für Studierende und Hochschulen. Schweizer Universitäten und Studierende sind momentan von dieser Möglichkeit der Teilnahme ausgeschlossen und können nicht von dieser Zusammenarbeit profitieren. Die Teilnahme ist wahrscheinlich längerfristig an die Teilnahme
am Erasmus-Programm gebunden und die Schweiz schadet der Qualität ihrer Hochschulen, wenn sie an Kooperationsprojekte dieser Art nicht teilnehmen kann. Die Position einer Wiederassoziierung an die Erasmusprogramme hat der VSS nicht nur in seinen Aktivitäten
zugunsten einer schnellstmöglichen Vollassoziierung im Rahmen einer Petition gemeinsam mit der SAJV, sondern auch bei zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen sowie Gesprächen mit dem SBFI bekräftigt.

Allgemeine Würdigung

Der VSS begrüsst es grundsätzlich, dass zwecks der Weiterführung internationaler Mobilität
gesetzliche Lücken geschlossen werden. Die sogenannte Schweizer Lösung ist gegenwärtig
Realität und darf nicht durch fehlende Grundlagen gefährdet werden, was in der Abschaffung
von Fördermöglichkeiten in der Mobilität im Bildungs- und Jugendbereich gipfeln könnte.

Der erläuternde Bericht erwähnt explizit, dass durch den Gesetzesentwurf nicht den
Entscheiden über die Förderpolitik der kommenden Jahren vorgegriffen werden soll, was aber
leider der Natur des Gesetzes inhärent ist: Die dauerhafte Möglichkeit eines autonomen
Schweizer Weges wird neu geschaffen. Während hierfür möglicherweise akute Sachzwänge
bestehen, möchte der VSS erneut darauf hinweisen, dass aufgrund obiger inhaltlicher
Argumentation eine vollwertige Zusammenarbeit im Rahmen von Erasmus unbedingt
anzustreben ist. Im Sinne dieses Vorhabens besteht nach wie vor der politische Auftrag
gemäss der angenommenen Motion 17.3630 Vollassoziierung an Erasmus plus ab 2021,
welche die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der EU zwecks der Vollassoziierung
verlangt. Dieser Auftrag wurde unter Verweis auf die Umstände breiterer laufender
Verhandlungen mit der EU und dem EU-internen Verhandlungsstand zu Erasmus bisher nicht
umgesetzt. Nichtsdestoweniger darf der vorgelegte Gesetzesentwurf nicht als weiteres Vehikel
dienen, diese Verhandlungen unter vorgeschobenen Gründen zu verschieben oder zu
verhindern. Darum ist es prioritär, dass das Gesetz keine neuen Schwerpunkte vorsieht,
welche den Zielsetzungen und Strukturen der EU Programme widersprechen und somit die
Zusammenarbeit erschweren oder verunmöglichen. Der VSS möchte noch einmal darauf
hinweisen, dass die Etablierung einer Schweizer Lösung im neuen Gesetz, die Entscheidung
für oder gegen eine Wiederassoziierung an Erasmus, nicht vorwegnehmen darf.

Der VSS fordert deshalb, dass im Fall, wenn eine Vollassoziierung nicht erreicht werden kann,
die Ein- oder Weiterführung und der Ausbau einer starken Schweizer Lösung unterstützt
werden soll. Durch ein mit ausreichendem finanziellem und programmatischem Spielraum
ausgestattetes Mobilitätsprogramm könnte Schadensminderung betrieben werden: Dies ist für
den Erhalt der Qualität der Schweizer Bildungslandschaft von essentieller Bedeutung.

Das Erasmus+-Programm ab 2021 wird höchstwahrscheinlich ein grösseres Budget haben als
bis anhin, die Schweizer Lösung sollte also auch mehr Mittel zur Verfügung stehen um
ebenfalls mehr jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten von internationaler Mobilität
profitieren zu können

Art. 3 Bst. b: Breiter Kooperationsbegriff und Stärkung der Kooperationsaktivitäten
Der VSS begrüsst es ausdrücklich, dass die Kooperationsaktivitäten im Art. 3 Bst. b Einzug in
das Gesetz erhielten. Nachdem solche nun jahrelang nur noch eingeschränkt möglich waren,
zählt der VSS nun auf eine zügige Verbesserung der Situation.

Im vollen Bewusstsein, dass solche Regelungen auf Verordnungsebene getroffen werden,
möchten wir im Hinblick auf die Ausarbeitung ebendieser darauf hinweisen, dass es im Falle
einer Weiterführung einer Schweizer Lösung für alle betroffenen Bereiche von grosser
Wichtigkeit ist, dass Kooperationsprojekte nicht nur im Rahmen der Finanzierung von Reise- ,
Unterkunfts- und Verpflegungskosten unterstützt würden. Darüber hinaus sollte, wie in den
Schlüsselaktionen 3 von Erasmus+, auch beispielsweise die Erarbeitung relevanter Inhalte
sowie deren Verbreitung förderfähig sein müssen, also auch Kosten für Arbeitsleistung und
Sachaufwand verrechnet werden können. Nur so ist es möglich, eine nachhaltige
Zusammenarbeit zu gewährleisten, welche über die physische Präsenz vor Ort hinausgeht.
Des Weiteren ist es zentral, dass multilaterale Projekte nicht weiterhin dazu gezwungen wären,
sämtliche Treffen in der Schweiz abzuhalten, um förderfähig zu sein, was einen gleichberechtigen Austausch erschwert.

Art. 4 Bst. b: Möglichkeit bieten für nationale Programme auch im Falle einer
Assoziierung an Erasmus+

Wie im erläuternden Bericht geschrieben, soll der vorliegende Gesetzesentwurf keinen Einfluss
auf die allfällige Assoziierung an Erasmus+ haben. Der VSS nimmt deshalb mit Unverständnis
zur Kenntnis, dass im vorgeschlagenen Gesetzestext bei Art. 4 Bst. B geschrieben steht: “[…]
solche Beiträge sind nur möglich, sofern die Schweiz nicht an ein internationales Programm im
gleichen Tätigkeitsbereich assoziiert ist”.

Seit 2018 gibt es einen innovativen Fonds für Projekte ausserhalb Europas, welcher das SBFI
zusammen mit Movetia etabliert hat und der auf grosses Interesse bei Bildungsorganisationen
gestossen ist. Auch im Fall einer Wiederassoziierung an Erasmus+ sollten solche Fördermittel
immer noch möglich sein und nicht von Gesetz wegen per se ausgeschlossen werden.

Der VSS schlägt daher vor, die oben zitierte Stelle zu streichen und es daher gesetzlich
zu ermöglichen, eigene Bundesprogramme auch im Falle einer Assoziierung
umzusetzen.
Diese Entweder-oder-Situation, welche im Gesetzesentwurf beschrieben wird,
spielt die beiden Lösungen gegeneinander aus und nimmt daher Einfluss auf die Diskussion
einer möglichen Assoziierung. Um dieser Entscheidung nicht vorzugreifen, müsste also
unserer Meinung nach der zweite Teil von Art. 4 Bst. B gestrichen werden.

Art. 4 Bst. d und e: kein Schwerpunkt auf die Elitenförderung

Der erläuternde Bericht argumentiert, dass gegenwärtig begrenzt für drei europäische
Institutionen Stipendien vergeben werden und dies für weitere herausragende Institutionen
ermöglicht werden müsste, und erwähnt hingegen mehrfach die Notwendigkeit einer
verstärkten Exzellenzförderung. Die Elitenförderung wird mit Art. 4 Bst. d und e nun auf
Gesetzesniveau gehoben, was für den VSS nicht nachvollziehbar ist. Der VSS schlägt daher
die Streichung der beiden Buchstaben vor.

Mobilität und internationale Zusammenarbeit sind wichtig für das Individuum, aber besonders
auch für die Gesamtgesellschaft und deren Kohäsion. Eine solche Wirkung ist einzig möglich,
wenn der Schwerpunkt der Förderung eine für alle zugängliche Mobilität ist und diese sich
nicht auf die weitere Unterstützung von ohnehin schon privilegierten Institutionen und
Individuen konzentriert. Die europäischen Förderprogramme haben deshalb für die neue
Programmperiode ab 2021 grosse Anstrengungen unternommen, Mobilität inklusiver zu
machen, um diese gewinnbringende Erfahrung auch jenen zu ermöglichen, welche grössere
Mobilitätshindernisse antreffen. Dass die Schweiz einen entgegengesetzten Weg gehen
möchte, gefährdet nicht nur die Chancengleichheit in der Bildung, sondern erschwert erneut
eine mögliche Wiedereingliederung in europäische Fördermechanismen, von deren
Funktionsweise man sich durch priorisierte Exzellenzförderung mittelfristig immer weiter
distanzieren würde.

Strukturell erscheint es uns problemlos möglich, im Rahmen von Art. 4 Abs. 1 Bst. c auch
Massnahmen wie die Entsendung von StipendiatInnen an einzelne Institutionen zu inkludieren.
Es ist für den VSS nicht schlüssig, weshalb für einen solch marginalen Programmbestandteil
eine eigene gesetzliche Grundlage geschaffen werden soll, falls es sich hierbei nicht wie
vermutet um den Versuch eines massiven Ausbaus der Exzellenzförderung handelt.

Wir danken Ihnen für die wohlwollende Berücksichtigung unserer Anliegen und stehen für
Fragen jederzeit gerne zur Verfügung.

Freundliche Grüsse
Verband der Schweizer Studierendenschaften
Francesco Bee (Vorstandsmitglied, Dossier Internationale)

Nino Wilkins (Co-Präsident)

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