Im Interview mit dem «Sonntags-Blick» vom 25. August fordert Armeechef André Blattmann, dass die kantonalen Mittelschulen den Termin für die Matur vorverlegen und die Hochschulen den Semesterbeginn nach hinten verschieben sollen. Grund dafür ist, dass die Rekrutenschule bei MaturandInnen, die direkt nach der Matur ein Hochschulstudium beginnen, zeitlich nicht zwischen den beiden Ausbildungsstufen absolviert werden kann. Der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) stellt sich gegen den Vorschlag des Armeechefs, denn damit würde die Bildung dem Militärdienst untergeordnet.
Der VSS zeigt sich befremdet über die Forderung, die Matur zeitlich vorzurücken. Abgesehen davon, dass die Unterordnung der Bildung gegenüber dem Militär an sich schon fragwürdig ist, würde diese Anpassung die Ausbildung sämtlicher MaturandInnen verkürzen, obwohl nur eine Minderheit überhaupt Militärdienst leistet. Im Kanton Zürich wurde ausserdem die Matur in letzter Zeit bereits mehrmals vorverschoben und die Dauer des Gymnasiums um ein halbes Jahr auf vier Jahre verkürzt.
Mehr Flexibilität nötig
«Dass es nicht möglich ist, die RS zwischen Matur und Studienbeginn zu absolvieren, sollte nicht durch eine Beschneidung der Bildung gelöst werden, sondern durch Flexibilität von Seiten der Armee», sagt Nicolas Diener, Co-Präsident der Sozialkommission des VSS. Zwar besteht bereits heute die Möglichkeit, die RS aufzuteilen, aber auch dabei gehen die ersten zwei Wochen des Studiums verloren. Für viele Fachhochschulstudiengänge, deren Semester früher beginnen oder später enden oder diejenigen, welche die ersten Wochen ihres Studiums nicht verpassen wollen, kommt deshalb nur ein Zwischenjahr in Frage. Dieser Unvereinbarkeit könnte die Armee begegnen, indem die erste Hälfte der Fraktionierung auf 10 oder 11 Wochen verkürzt würde. Die zweite Hälfte könnte dann ausserhalb der üblichen Zeiten in der unterrichtsfreien Zeit im Sommer absolviert werden.
Die öffentlichen Bildungseinrichtungen sind nicht verpflichtet, sich der Rigidität des Wehrdienstes anzupassen. Vielmehr muss die Armee Lösungen finden, um denen, die es wünschen, eine Möglichkeit zum Absolvieren ihrer Rekrutenschule zu geben, welche den ordnungsgemässen Verlauf ihrer Ausbildung nicht beeinträchtigt. Eine Möglichkeit wäre, das momentan bei MilitärärztInnen angewendete System auszudehnen. Dabei wird für MedizinstudentInnen die Dienstpflicht an ihr Studium angepasst. Ähnliches wäre für alle anderen Studienrichtungen und Weiterbildungen denkbar. Denn das Militär darf kein Hindernis für ein erfolgreiches Studium sein.
Der VSS appelliert an den Armeechef und an die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), die Bedingungen der MaturandInnen und Studierenden nicht zu verschlechtern und über eine Flexibilisierung der Rekrutenschule anstatt einer Reduzierung der Schulzeit nachzudenken.
Für weitere Informationen:
Mélanie Glayre (f/d)
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Nicolas Diener (d)
Co-Präsident Sozialkommission des VSS
079 524 36 14
Dominik Fitze (d)
Co-Präsident Sozialkommission des VSS
076 519 93 67