Medienmitteilung des VSS vom 19. März 2014Der Nationalrat hat heute Nachmittag entschieden, die Stipendieninitiative zur Ablehnung zur empfehlen. Fast alle Parteien sehen die Probleme im heutigen Stipendienwesen, sind jedoch nicht bereit, diese auch anzupacken, sondern vertrösten auf das Stipendienkonkordat. Der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) bedauert diesen Entscheid, bei dem die Nationalrätinnen und Nationalräte ihre Verantwortung, wirkliche Lösungen anzustreben, nicht wahrgenommen haben.
Das Schweizer Stipendienwesen kennt zwei grosse Probleme. Erstens ist das Stipendienwesen kantonal geregelt, sprich in der Schweiz haben wir 26 verschiedene Stipendienwesen. Ob eine ausbildungswillige Person ein Stipendium bekommt und wie hoch es ist hängt vom Wohnkanton und nicht von den tatsächlichen Bedürfnissen ab. Andererseits haben sich Bund und Kantone in den letzten Jahren laufend aus ihrer Verantwortung, einen chancengleichen Zugang zur Bildung zu garantieren, zurückgezogen. Die Bundessubventionen sind in den letzten zehn Jahren von 100 Mio. auf 25 Mio. gesunken und in verschiedenen Kantonen wurde im Stipendienwesen gekürzt. Statt den nach dem Bundesamt für Statistik 20% der Studierenden, die ein Stipendium nötig hätten, bekommen heute gerade mal 8% ein Stipendium. Lea Oberholzer, Mitglied der Geschäftsleitung, meint: „Weder der Wohnkanton noch der finanzielle Hintergrund einer Person sollten über den Zugang zur Bildung entscheiden, sondern allein ihre Fähigkeiten und Neigungen“.
Die Stipendieninitiative will das Stipendienwesen auf nationaler Ebene vereinheitlichen, wodurch die kantonalen Ungerechtigkeiten ausgemerzt werden und verwirklicht einen chancengerechten Zugang zur Bildung, indem sie festhält, dass ein gewisser Minimallebensstandart gewährleistet sein muss.
Mit einer grossen Mehrheit hat der Nationalrat die Stipendieninitiative zur Ablehnung empfohlen. Stattdessen schlägt er einen indirekten Gegenvorschlag vor. Dieser sieht vor, dass Bundessubventionen einzig an Kantone gehen, welche dem Stipendienkonkordat der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren beigetreten sind. Begleitet wird der Gegenvorschlag von einer Motion, welche die Erhöhung der Bundessubventionen im Rahmen der BFI-Botschaft fordert. So sollen die dem Konkordat noch nicht beigetretenen Kantone zu einem Beitritt bewogen werden. Eine Harmonisierung soll folglich über den Beitritt zum Konkordat erfolgen.
Der VSS freut sich über diesen Schritt Richtung materielle Harmonisierung, sieht aber noch verschiedene Probleme. Einerseits ist das Konkordat nur ein breites Rahmenprogramm, da es weder klare Berechtigungskriterien noch eine Bemessungsgrundlage für die Stipendienvergabe bietet. Des Weiteren enthält es ein minimales Maximalstipendium von 16‘000 CHF pro Jahr, welches deutlich unter den Lebensunterhaltskosten liegt. Andererseits sollen mit mehr Bundessubventionen weitere Kantone zu einem Beitritt zum Konkordat motiviert werden. Die Bundessubventionen werden alle vier Jahre bei der Behandlung der BFI-Botschaft festgesetzt und wurden in den letzten Jahren laufend gekürzt. Somit besteht kein echter Anreiz für Kantone, dem Konkordat beizutreten.
Der Ständerat wird die Stipendieninitiative in der Sommersession behandeln. Wir zählen darauf, dass die kleine Kammer im Gegensatz zum Nationalrat die Probleme nicht nur erkennt, sondern auch handelt. Für den VSS ist klar, dass die Initiative die einzige Lösung ist, um die Mängel im Stipendienwesen zu beheben. Weil Ausbildung Zukunft schafft!
Für weitere Informationen stehen Euch Mélanie Glayre (f) (078 779 84 67) und Lea Oberholzer (d) (078 860 49 67) gerne zur Verfügung.