Wer die Abbruchquote ernst nimmt, stärkt Beratung und Stipendien

Ernst Buschor, ehemaliger Zürcher Bildungsdirektor, fordert gemäss der Schweiz am Sonntag Aufnahmeprüfungen für die Universitäten. Seine Forderung basiert auf der Abbruchsquote: 30% der Studierenden brechen ihr Studium ab. Zudem sei das Niveau der MaturandInnen ungenügend. Beide Forderungen basieren auf falschen Annahmen.

Dass die MaturandInnen die Anforderungen der Universitäten nicht mehr erfüllen, wird zwar immer wieder behauptet. Daraus abzuleiten, dass die Matura nicht mehr das Eintrittsbillet in die Hochschulen sein soll, ist aber falsch. Fast alle, die ein Gymnasium abgeschlossen haben und sich für die Uni oder ETH anmelden, beenden auch ein Studium erfolgreich. So schlecht kann es um die allgemeinbildenden Gymnasien also nicht bestellt sein. Gemäss der Studie „Studieren unter Bologna“ des Bundesamtes für Statistik brechen etwa 30% ein Studium ab. Als Grund gibt fast die Hälfte davon an, sie hätten den Sinn des Studiums nicht mehr gesehen. Ein Fünftel bricht wegen finanzieller Probleme ab. Nur 18% beendet das Studium wegen nichtbestandener Prüfungen.

Die meisten Abbrechenden nehmen denn auch ein anderes Studium auf und schliessen es erfolgreich ab. Das ist nicht verwunderlich. Denn das erste Jahr an der Universität ist für viele auch eine einschneidende Phase, in denen klar wird, dass das begonnene Studium nicht den inhaltlichen Erwartungen entspricht. Wer also etwas gegen die Abbruchquote machen will, muss anders vorgehen, als von Ernst Buschor vorgeschlagen. Einerseits muss die Information verbessert werden. Die Studiengänge müssen klar machen, was ihr Inhalt ist, damit die zukünftigen Studierenden von Anfang an das gewünschte Fach studieren. Andererseits muss die soziale Lage der Studierenden verbessert werden. Jedes Jahr verliert die Schweiz 5‘000 Uni- und ETH-Studierende, weil sie sich das Studium nicht länger leisten können.

Die Stipendieninitiative des VSS kann hier helfen. Denn heute sind die Kantone für finanzielle Ausbildungsbeihilfen zuständig – und ihre Stipendiensysteme unterscheiden sich teils massiv. Die Initiative will, dass alle, die ein Stipendium benötigen, schweizweit nach denselben Regeln beurteilt werden. Damit kann verhindert werden, dass ein Student aus Olten sein Materialwissenschaftsstudium mangels Stipendium beenden muss, während seine Kollegin aus Graubünden eines erhält.Deshalb kämpft der VSS auch nicht für ein Assessmentjahr überall, sondern für mehr Stipendien und bessere Beratung. Wer wirklich etwas gegen Studienabbrüche machen will, stärkt beides, anstatt am Prinzip des Hochschulzuganges mit Matura zu rütteln.

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