Keine Qualitätssicherung zum Spottpreis

verabschiedet am 18. November 2012 an der Delegiertenversammlung des VSS in Bern

Seit Beginn des Bologna-Prozess 1999, und seit 2003 insbesondere[1], ist die  (europäische) Qualitätssicherung integraler Bestandteil der Hochschullandschaft(en). Ebenfalls seit 2003 werden Studierende als sogenannte „full partners“ im Bereich der Hochschulbildung anerkannt – folglich auch im Bereich der Akkreditierung und Qualitätssicherung[2]. In den verschiedenen externen[3] Qualitätssicherungsverfahren an Hochschulen bilden Studierende Teil des ExpertInnenpanels und tragen bei den Prozessen Verantwortung, liefern Inputs, werten aus und beteiligen sich konstruktiv. Studierende sind per Definition unabdingbarer Bestandteil des Panels[4]. Zu einem klassischen Verfahren gehört die Evaluation der Unterlagen, die Vorbereitung der Visite vor Ort, die Teilnahme an dieser und im Anschluss das Verfassen eines Schlussberichtes.

Verschiedene Erfahrungen zeigen jedoch, dass die Honorationen und Anerkennung von studentischen ExpertInnen für Akkreditierungen und Qualitätssicherungsverfahren stark zwischen den verschiedenen Agenturen variieren. Einzelne Agenturen bezahlen eine dreimal niedrigere Entschädigung als andere. Deshalb stellt der Verband der Schweizer Studierendenschaften, VSS, folgende Forderungen auf: Forderung I: gleiche Bezahlung Studentische ExpertInnen in Akkreditierungsgremien sind anderen Mitgliedern (beispielsweise ProfessorInnen) grundsätzlich gleichgestellt. Das gilt auch und besonders in Bezug auf die Bezahlung, die sich am Arbeitsaufwand des jeweiligen Mitglieds der Akkreditierungskommission und nicht an dessen Status orientieren sollte. Der Beitrag der Studierenden zur Qualitätssicherung ist jenem der ProfessorInnen und weiteren ExpertInnen in allen Bereichen gleichwertig. Unterschiede in Bezug auf Kompetenz und Leistungsfähigkeit sind nicht begründbar. Des Weiteren ist die Vorbereitung für Studierende mindestens gleich zeitintensiv wie für ProfessorInnen. Es handelt sich bei Studierenden in Gremienmitgliedern ausdrücklich nicht um studentische Hilfskräfte, sondern um „full partners“. Eine unterschiedliche Bezahlung kann nicht gerechtfertigt werden. Forderung II: Lohnausfälle verhindern                                              Studierende beziehen im Gegensatz zu ProfessorInnen in der Regel kein Festgehalt von der jeweiligen Hochschule und können sich nicht auf AssistentInnen stützen, stattdessen arbeiten sie in der Regel auf Stundenlohnbasis ausserhalb der Hochschulen. Für Studierende ist die Teilnahme an einer Akkreditierung oder einem Qualitätssicherungsverfahren daher meist mit Lohnausfällen verbunden, da während des Verfahrens keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen werden kann Wir fordern, dass solche Lohnausfälle bei der Berechnung der Honoration berücksichtigt werden, da sonst eine kontinuierliche Mitarbeit von Studierenden nicht garantiert werden kann. Forderung III: ExpertInnen brauchen Zeit Eine ideale Vorbereitung, Durchführung und gründliche Nachbearbeitung der Teilnahme an einem Verfahren beträgt mindestens sieben Arbeitstage. Dies verunmöglicht einerseits, dass der oder die Studierende an den Vorlesungen und Seminaren teilnehmen kann und andererseits kann während dieser Zeit möglicherweise keiner Erwerbsarbeit nachgegangen werden. Deshalb ist es unabdinglich, dass die Hochschulen Absenzen für die studentischen ExpertInnen akzeptieren und die notwendigen Schritte dafür vornehmen („Beurlaubung“ oder Ähnliches). Studierende, welche an einem Akkreditierungs- oder Qualitätssicherungsverfahren teilnehmen, sollen eine Bestätigung und eine Empfehlung der Agentur erhalten, die Studierenden für die Zeit des Verfahrens an den Hochschulen zu entschuldigen und bei dem/der ArbeitgeberIn die Akzeptanz zu gewährleisten. In diesem Sinne ist es wünschenswert, die studentischen ExpertInnen in den Verhandlungen mit ihren jeweiligen ArbeitgeberInnen zu unterstützen. Forderung IV: Kein Lohndumping Es kann nicht akzeptiert werden, dass ausländische Agenturen, wenn sie an Schweizer Hochschulen mit Schweizer Studierenden arbeiten, geringere Honorationen zahlen, als hier ansässige Organisationen. Es darf nicht toleriert werden, dass Hochschulen und Hochschulträger bei der Akkreditierung oder Qualitätssicherung sparen, indem sie auf ausländische Agenturen mit anderem Lohnniveau zurückgreifen. Agenturen, die in der Schweiz arbeiten, müssen die hier üblichen Löhne zahlen. Des Weiteren tragen Bund, Kantone und Hochschulträger die Kosten für die Sicherung der Qualität an den Schweizer Hochschulen und müssen ihre Verantwortung gegenüber den involvierten Studierenden wahrnehmen und darauf hinarbeiten, dass die hier aufgestellten Forderungen erfüllt werden.


[1] 2003 wurde entschieden, dass die ESG (European Standards and Guidelines) von der ENQA (European Association for Quality Assurance in Higher Education) ausgearbeitet werden.
[2] Siehe dazu auch das Communiqué of the Conference of Ministers responsible for Higher Education vom 19. September 2003, Berlin, wo die vertretenen MinisterInnen zum Ausdruck brachten, Studierende als volle Partner anerkennen und die studentische Partizipation fördern zu wollen „Students are full partners in higher education governance. Ministers note that national legal measures for ensuring student participation are largely in place throughout the European Higher Education Area. They also call on institutions and student organisations to identify ways of increasing actual student involvement in higher education governance.“
[3] In dieser Resolution wird ausschliesslich auf  studentische ExpertInnen in externen Qualitätssicherungsverfahren Bezug genommen. Jedoch soll sich auch die interne Qualitätssicherung an diesen Grundsätzen  orientieren.
[4] http://www.enqa.eu/files/ESG_3edition%20%282%29.pdf