Die Schweiz hat viele Baustellen in der Hochschullandschaft. Während die einen an der Verdoppelung der Studiengebühren rumwerkeln, haben einige Kantone nichts Besseres zu tun, als ein Sparpaket nach dem anderen zu verabschieden, und scheibchenweise die Universitäten finanziell auszubluten. Nicht zuletzt zeigt die erzwungene Heirat von Wissenschaft und Wirtschaft im neuen WBF-Departement eine bedenkliche gedankliche Verknüpfung in den Köpfen einiger PolitikerInnen. Bildungspolitik wird insbesondere über den Franken gemacht; Economiesuisse möchte Studiengebühren von 10‘000 Franken jährlich, der Kanton Bern scheint die Universität schliessen zu wollen um sein strukturelles Defizit zu lösen, und die Universität Zürich benennt sich vielleicht ja bald in „University of UBS“ um.
Ammenmärchen? Leider dominiert in der Schweiz die Wirtschafts- und Finanzpolitik, Studierende werden zur Kasse gebeten und Hochschulen in die Abhängigkeit von Drittmitteln gezwungen. Dabei müsste die Schweiz mal über eine Perspektive der Hochschullandschaft Schweiz sprechen, statt über Sparmöglichkeiten.
Nach der Umsetzung von „Bologna“ (einer reinen Struktur aus BA-MA-PhD und ECTS) braucht die Schweiz jetzt eine Offensive in der Lehre. Qualitätsentwicklung statt minimale Qualitätssicherung, progressive Unterrichtsmethoden, eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse und eine Flexibilisierung des Studiums. Nicht zuletzt wäre ein Aufbruch der feudalen Lehrstuhlstrukturen notwendig, um die Hochschulen dynamischer zu machen und so den Freiraum für Weiterentwicklung zu schaffen.
Wird das neue Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz (HFKG) als aktuellste Baustelle neue Bewegung in die Hochschulbildung Schweiz bringen? Die Reorganisation der (politischen) Hochschullandschaft wäre die Chance, über die Koordination der Hochschultypen und Institutionen Meilensteine für die Weiterentwicklung zu setzen und zu erreichen. Dafür braucht es aber mehr als bildungsbürokratische Reformitis, sondern ein Bekenntnis zum Bildungswesen und seiner Qualität – für alle!
Dafür muss die Schweiz aber den Bildungsföderalismus und dadurch das kleinräumige Denken aufgeben. Statt jedem zweiten kantonalen Parlament die Möglichkeit geben, über die Geschicke einer Hochschule zu entscheiden, braucht es eine gemeinsame Strategie. Denn im 2022 soll die Schweiz die Goldmedaille abholen für die besten Betreuungsverhältnisse, den Einbezug der Studierenden in der Gestaltung der Lehre, modernste Bildungstechnologien, innovative Lernmethoden und ein harmonisiertes Stipendienwesen.
Der erste Schritt dazu ist die Bildungspolitik von den FinanzpolitikerInnen und ihrer Sparwut befreien.
– Clau Dermont ist seit Januar 2012 Vorstandsmitglied des VSS zuständig für Hochschulpolitik. Er studiert Politikwissenschaft im Master an der Universität Bern und war vor seinem Mandat beim VSS zwei Jahre im Vorstand der StudentInnenschaft der Universität Bern.
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